Trump, Hollywood und die Zollpläne: Wie eine Feindschaft eskalieren könnte

Der amtierende US-Präsident mag Hollywood nicht. Daraus hat Donald Trump nie einen Hehl gemacht. Gern sitzt er bei den Oscars vor dem Fernseher und mokiert sich über die Preisverleihung, vor allem dann, wenn ein ausländischer Film gewinnt, wie etwa die südkoreanische Kapitalismussatire „Parasite“ (2019). Die Kinogemeinde in Los Angeles ist ihm zu woke und zu elitär, wie er sagt.
Umgekehrt mag Hollywood aber auch Trump nicht. Kinoberühmtheiten schlugen sich vor der Wahl demonstrativ auf die Seite der demokratischen Kandidatin Kamala Harris und verharrten nach deren Niederlage in Schockstarre – und in der Hoffnung, dass der Sturm vorüberziehen möge. Jetzt ist das Unwetter da. Jedenfalls könnte Bedrohliches heraufziehen.
Trump hat 100 Prozent Strafzölle auf Filme angekündigt, die nicht in den USA produziert werden. Die Filmindustrie in Amerika sei am Sterben, so Trump. „Hollywood und viele andere Gebiete in den USA werden vernichtet“, schrieb er auf seiner Online-Plattform Truth Social und verstieg sich dazu, die „nationale Sicherheit“ bedroht zu sehen. Zudem werde Propaganda über die Filme ins Land geschleust.
Filme müssten endlich wieder in den USA produziert werden. „Wir werden die Industrie zurückholen“, so Trump. Handelsminister Howard Lutnick solle sich der Sache annehmen. Dieser steht nun vor der schwierigen Aufgabe herauszufinden, wie sich der Wert eines Kinofilms bemessen lässt. Nicht zuletzt geht es schließlich auch um immaterielle Werte.
Die Panik hat zwischenzeitlich die US-Kinobranche erreicht, wie US-Fachmedien von „Deadline“ bis „Variety“ von Verantwortlichen hinter vorgehaltener Hand erfahren haben wollen. Krisenmeetings sind demnach anberaumt, Fachleute warnen vor den katastrophalen Folgen der Zölle. Das Problem bislang ist allerdings: Niemand weiß so recht, wovor man sich fürchten soll. Die Formulierungen Trumps sind so vage, dass gerätselt wird, welche Werke überhaupt betroffen sind.
Das fängt schon damit an, dass unklar ist, ob die möglichen Zölle auch für jene Erfolgsserien gelten, die Streaminghäuser rund um die Welt drehen lassen. „Squid Game“ zum Beispiel – die dritte Staffel startet Ende Juni – entsteht in Südkorea. Netflix hat es sich zum Prinzip gemacht, vielerorts lokale Produktionen für den globalen Markt zu drehen, im Idealfall eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Sind durch Trumps Pläne auch US-Projekte gefährdet, die deshalb anderswo entstehen, weil es die Handlung erfordert? Sollen Topagenten wie Ethan Hunt ihre Missionen zur Rettung der Welt künftig innerhalb der eigenen Landesgrenzen absolvieren? Gefilmt wurde der noch in diesem Monat ins Kino kommende achte „Mission Impossible“-Kracher „The Final Reckoning“ vorzugsweise in Europa. Und soll der neue James Bond nach dem aktuellen Verkauf an den US-Konzern Amazon aus der Not heraus in Mar-a-Lago das Hauptquartier des Superschurken ausheben, weil ihm die globale Sightseeing-Tour verboten ist?
Zuallererst geht Hollywood ins Ausland, weil das Drehen dort billiger ist als in Los Angeles. Die US-Kinoindustrie ist immer noch die wichtigste der Welt. Und doch ist Hollywood, vor mehr als einem Jahrhundert in den kalifornischen Wüstensand gesetzt, heute eher ein mythischer Begriff. Gedreht wird dort, wo Steuervorteile locken. Hollywood kassiert nach Kräften die Zuschüsse, die andere Länder bieten.
Kino ist ein globaler Zirkus. Ob „Avatar“ oder „The Avengers“: Solche Blockbuster werden nur noch in Ausnahmefällen in Hollywood gedreht.
Worauf also zielt Trump ab mit seinen neuesten Zoll-Eskapaden? Will er die renitenten Länder Kanada und Australien treffen? Diese beiden Staaten zählen zu Hollywoods Lieblingsdestinationen für Großproduktionen, genau wie Osteuropa. Deutschland versucht über den Deutschen Filmförderfonds die ein oder andere US-Produktion nach Babelsberg zu komplimentieren.
Oder geht es Trump um China, das infolge der allgemeinen Zoll-Schlacht angekündigt hat, künftig weniger Hollywood-Blockbuster im eigenen Land zeigen zu wollen? Der zweitgrößte Filmmarkt der Welt will künftig verstärkt auf eigene Produktionen setzen und diese selbstverständlich auch exportieren.
Vielleicht hätte Trump erst einmal bei den von ihm ernannten „Hollywood-Botschaftern“ Jon Voight, Mel Gibson und Sylvester Stallone nachfragen sollen. Von den beiden Letztgenannten war zwar bislang nichts zu hören, aber Voight hat Gespräche mit Branchenvertretern gesucht und auch schon in Florida beim Präsidenten vorgesprochen. Seine wenig überraschende Idee, um die USA als Drehort aufzuwerten: Steuervergünstigungen im eigenen Land. Ob Trump das gefällt?
So steckt in dessen Ideen eine bittere Ironie: Hollywood hat in den vergangenen Jahren so viele Bedrohungen überstanden – die Corona-Pandemie, die monatelangen Streiks und zuletzt die Großbrände. Gerade befindet sich die Branche wieder im Aufwind. „Variety“ hat für dieses Jahr nachgerechnet: Der Umsatz steigt ordentlich. Potenzielle Hits wie der eben erst gestartete Marvel-Film „Thunderbolts*“ sind noch gar nicht eingepreist.
Doch nun sieht es so aus, als könnte der eigene Präsident die Geschäftsgrundlage im Kern gefährden. Womöglich aber hat Trump erst mal auch nur einen Schreckschuss losgelassen: Er wolle mit den Hollywood-Verantwortlichen reden, um zu einer guten Einigung zu kommen, hat er bereits bekundet: „Ich möchte sicherstellen, dass sie damit zufrieden sind, denn es geht uns um Arbeitsplätze.“
Was also, wenn sich Hollywood-Produzentinnen und -Produzenten vor ihm gebührend in den Staub werfen, um einen „Deal“ auszuhandeln? Das haben in den vergangenen Monaten schließlich auch andere getan, um der Rache des Mannes im Weißen Haus zu entgehen.
rnd