Ein Rundgang durch die Ausstellung „Curieux Cabinet“ in Nancy

Die Dutzenden abgetrennten Spielzeugarme und -beine in dem vergoldeten Rahmen, der zuerst vor mir erschien, wirkten, als würden sie eine Schachtel mit Erinnerungen aus der Vergangenheit öffnen. Die zerbrochenen Stücke sind wie stumme Zeugen verlorener Spiele: unheimlich und unschuldig zugleich. In einer anderen Ecke hängen Rahmen aller Größen an der Wand; kleine Überraschungen, eingebettet in alte Fotos … Einige Rahmen zeigen Papierflügel, andere eine unerwartete Farbexplosion. Jeder einzelne ist wie ein schelmisches Geheimnis, verborgen in den Falten der Erinnerung.
An einer Steinmauer hängt eine alte Landschaftspostkarte mit blauen Stickereien, als würde sie die Schneegrenze der Berge berühren. Daneben, auf einem kleinen Ständer, stehen mit Seilen umwickelte und mit Muscheln geschmückte Figuren, wie Talismane aus einem alten Ritual. Und ein weißes Babyshirt, auf roten Samt gestickt: „Tu seras féministe, mon fils“ – „Du wirst ein Feminist sein, mein Sohn.“ Dieser Satz ist vielleicht die klarste und aktuellste Botschaft der Ausstellung.
In einer Ecke hängt eine rotierende Postkartenausstellung. Jedes Foto mit seinen Stickereien, unerwarteten Zeichnungen, manchmal einem einzigen Satz, öffnet ein kleines Fenster in die Vergangenheit. Es ist, als würde man beim Durchblättern eines jahrhundertealten Familienalbums plötzlich in die Gegenwart versetzt.
Die sechs von Laurence Gillot eingeladenen Künstlerinnen – Dawn Nelson Wardrope aus Schottland, Uta Richter aus Deutschland und der Schweiz, Élodie Gonzalvez und Nathalie Novi aus Frankreich, Maryam Izadyfard aus dem Iran und Quebec sowie Carmen Căldărea Bayenet aus Rumänien und der Schweiz – haben jeweils ihre eigene Vision in dieses seltsame Kuriositätenkabinett eingebracht. Die Grenzen von Alt und Neu, Erinnerung und Fantasie verschwimmen.
Diese Ausstellung ist nicht nur zum Anschauen da; sie ist ein Raum, der einen beim Durchwandern in die eigene Erinnerungstruhe blicken lässt. Die zerbrochenen Spielzeugteile, die Gillot sammelt, verlorene Erinnerungen, mit Nadeln gestickte Sätze … All dies flüstert uns auf seinem Weg durch die verborgenen Winkel der Erinnerung die Geschichte von heute zu.
„Curieux Cabinet“ ist bis zum 14. November 2025 in der Galerie der Fondation Solange Bertrand in Nancy zu sehen. Ein unvergessliches Erlebnis für alle, die ihrer Neugier freien Lauf lassen möchten.
Cumhuriyet