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Deutschland spart am falschen Ende – und gefährdet so die Verkehrswende

Deutschland spart am falschen Ende – und gefährdet so die Verkehrswende

Während Länder wie Frankreich, Spanien, Italien oder Polen ihre Innenstädte von Autos befreien, spart Deutschland bei alternativen Verkehrsmitteln. So kann man keine Zukunft gestalten.

In Berlin streicht der Senat geplante Fahrradwege und baut stattdessen Autobahnen.
Getty Images / Tamir Kalifa

Busse und Bahnen sollen das Rückgrat der deutschen Verkehrswende sein. Doch während Klimaziele und steigende Fahrgastzahlen nach Investitionen schreien, dreht die Politik den Geldhahn weiter zu. Der Bund stockt die Mittel für den ÖPNV nur minimal auf, Länder wie Berlin kürzen bei Radwegen, Fußverkehr und Verkehrssicherheit. Das Ergebnis ist ein Flickenteppich aus leeren Versprechen und gekappten Budgets – und ein fatales Signal für die Zukunft nachhaltiger Mobilität.

Der Bund hat im Haushalt für 2025 gerade einmal 50 Millionen Euro zusätzlich für den Nahverkehr vorgesehen. Eine winzige Erhöhung des Budgets, wenn man bedenkt, dass die Digitalisierung von Ticketsystemen, intelligente Verkehrssteuerung oder Investitionen in moderne Bus- und Bahnflotten Milliarden verschlingen werden. Verkehrsverbände wie der VDV warnen seit Monaten: Mit diesem Tempo kann die Verkehrswende nicht gelingen. Statt die digitalen Grundlagen für einen attraktiven ÖPNV zu legen, bleibt Deutschland im analogen Ticketverkauf stecken.

Noch deutlicher wird die Diskrepanz, wenn man auf die kommunale Ebene blickt. In Berlin etwa kürzt der Senat nicht nur bei der Fahrradinfrastruktur, sondern auch bei Fußwegen und Maßnahmen zur Verkehrssicherheit. Radprojekte, die ohnehin schon schleppend vorankommen, werden um Millionen reduziert.

Für Fußgänger, deren Sicherheit mit Bordsteinabsenkungen oder neuen Zebrastreifen verbessert werden sollte, stehen nur noch halb so viele Mittel zur Verfügung wie zuvor. Selbst für stationäre Blitzer, die nachweislich Unfälle vermeiden und Menschenleben retten, wird der Etat gekappt.

Das Bild ist widersprüchlich: Auf der einen Seite die rhetorische Beschwörung der Verkehrswende, auf der anderen Seite ein Haushalt, der Rad- und Fußverkehr genauso benachteiligt wie den ÖPNV. Wer in Deutschland auf Busse, Bahnen oder sichere Wege setzt, spürt täglich, dass die Prioritäten noch immer anders verteilt sind. Das Auto bleibt Maß aller Dinge – und zwar nicht nur in der Industrie, sondern auch in der Politik.

Dabei zeigt der internationale Vergleich, wie es anders geht. Städte wie Prag bauen Straßenbahnen als effiziente Zubringer zum Metronetz aus. In Paris wird konsequent in Radwege und verkehrsberuhigte Zonen investiert. Und in Kopenhagen gilt das Fahrrad längst als selbstverständlicher Teil des öffentlichen Verkehrs. Deutschland hingegen redet von Mobilitätswende, während es seine Kommunen zum Sparen zwingt.

Die Folgen sind klar: Ohne attraktive Alternativen bleibt der Autoverkehr dominant. Das wiederum konterkariert nicht nur die Klimaziele, sondern führt auch zu mehr Staus, mehr Belastung für die Städte und mehr Unsicherheit für schwächere Verkehrsteilnehmer. Wenn die Verkehrssenatorin in Berlin Kindern empfiehlt, „vorsichtig zu sein“ und „Nebenstraßen zu nutzen“, anstatt sichere Radwege auszubauen, dokumentiert, wie wenig man die Realität ernst nimmt.

Das Problem ist weniger fehlendes Wissen als fehlender Wille. Deutschland weiß seit Jahren, dass ein leistungsfähiger ÖPNV nur mit massiven Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur funktioniert. Stattdessen werden Mittel gekürzt, Debatten verschleppt und Verantwortung zwischen Bund und Ländern hin- und hergeschoben. Die Verkehrswende bleibt ein Schlagwort für Wahlprogramme und Messestände – aber sie kommt auf der Straße nicht an.

Das Fazit ist bitter: Für die Beschäftigten im Nahverkehr, für die Menschen, die auf Busse und Bahnen angewiesen sind, für Familien, die sichere Wege für ihre Kinder fordern, bedeutet das eine Fortsetzung des Status quo. Für den Klimaschutz bedeutet es ein weiteres verlorenes Jahr. Deutschland spart am falschen Ende – und gefährdet damit nicht weniger als die Glaubwürdigkeit seiner gesamten Mobilitätsstrategie.

businessinsider

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