Literatur: 5 Thriller, die Sie diesen Sommer im Schatten Ihres Sonnenschirms begeistern werden

von Caryl Férey
Der Roman beginnt sanft mit einem ekstatischen Atemanhalten in Gesellschaft von Bullenhaien und einem gehorsamen Pottwal. Schnell werden wir an Bord eines Sea Shepherd-Schiffes entführt und in die Qualen eines denkwürdigen Sturms gestürzt. Dann, ohne Pause, beginnt eine abenteuerliche Reise bis an die Küste der Färöer. Caryl Féreys Höllenmaschine setzt sich in Bewegung.
Zwischen dem menschlichen Wahnsinn, der während des Grindadrap , einem rituellen Massaker an Walen, seinen Höhepunkt erreichte, und den tellurischen Kräften der nordischen Natur verspricht die Aufklärung des Mordes an dem alten Häuptling des Grinds mühsam zu werden. Dem Autor gelingt es erneut, den Leser in ständiger Spannung zu halten, er vervielfältigt die Charaktere und Perspektiven und taucht seine Feder und sein ganzes Wesen als Schriftsteller in das Herz der geheimnisvollen Traditionen des subarktischen Archipels ein. Ein Gefühlsbeschleuniger, den man ohne Maß verschlingen kann.
Gallimard, Serie „Noire“, 384 S., 20 €
von Mo Hayder
Eine makabre Legende und ein alter Busunfall geistern durch ein friedliches englisches Dorf. Polizist Alex Mullins nimmt eine hochriskante Ermittlung wieder auf, tief in einer bewegten Vergangenheit. Mo Hayder, Hohepriesterin des düsteren Thrillers, entwirft eine schaurige Handlung, in der vergrabener Schmerz und streng gehütete Geheimnisse wieder an die Oberfläche kommen. Ein scharfer Stil, ständige Spannung und eine beklemmende Atmosphäre: Alles ist da. Dieser posthume Einblick in die Welt des Autors, der 2021 einer neurodegenerativen Erkrankung zum Opfer fiel, ist ein letzter Geniestreich, ebenso grausam wie meisterhaft. Ein düsteres und bewegendes Juwel, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
Presses de la Cité, übersetzt aus dem Englischen von Anne-Sylvie Homassel, 432 S., 22,90 €
von Vera Buck
In einem abgelegenen Weiler hoch in den deutschen Bergen lebt eine Täufergemeinde autark unter der Herrschaft von Isaiah, einem charismatischen und verstörenden Prediger. Als Rebekka, eine verträumte Teenagerin, verschwindet, taucht die Erinnerung an Juli wieder auf, die zehn Jahre zuvor im selben Wald verschollen war. Feindselige Natur, latente Spannung, geheimnisvolle Stille: Vera Buck webt einen dichten und fesselnden Chorroman zwischen Bergthriller und Schauermärchen. Die Stimmen von Jesse, Edith, Smilla, Laura und Isaiah verflechten sich zu einer dramatischen Handlung von seltener Intensität. Eine düstere, großartig orchestrierte Geschichte, in der die wahren Wölfe nicht immer die sind, für die wir sie halten.
Gallmeister, aus dem Deutschen übersetzt von Brice Germain, 480 S., 25,50 €
von Sophie Hénaff
Herbst 2024. Im Pariser Polizeidezernat untersucht Commander Cathy Martini, die Witwe eines berühmten Sängers, eine Reihe brutaler Einbrüche, die auf Prominente abzielen. Als eine Schauspielerin – die Ex-Geliebte ihres verstorbenen Mannes – verschwindet, wird der Fall persönlich. In dieser Satire auf das Starsystem tut sich die ruppige und desillusionierte Martini mit Titan Payot zusammen, einem freimütigen Deputy und Promi-Fan. Sophie Hénaff sprengt einmal mehr die Regeln des Kriminalromans: beißender Humor, knackige Dialoge und ein flottes Tempo. Zwischen Knüllern um jeden Preis, aufdringlichen Paparazzi und medialen Vortäuschungen wechselt „Police People“ auf brillante Weise zwischen Sozialsatire und wirkungsvoller Spannung. Ein witziger und gut gemachter Roman, clever, bissig und mitreißend.
Albin Michel, 288 S., 19,90 €
von Franck Thilliez
Während ein wahnhafter Patient ohne Identität in die Abteilung für Schwerstkranke in Chambly, einem nördlichen Vorort von Paris, eingeliefert wird, verschwindet eine Frau im Parc des Buttes-Chaumont und ein 50-jähriger Mann wird in seiner Wohnung in Dugny, Seine-Saint-Denis, brutal ermordet. Zunächst ist es schwierig, die drei Fälle miteinander zu verknüpfen. Als Commander Sharkos Team schließlich loslegt, fügt sich langsam ein düsteres Puzzle zusammen, dessen Handlung sich Schritt für Schritt, raffiniert und unerwartet, entfaltet. Franck Thilliez vermeidet die Fallen des Genres und gleitet diesmal subtil in die Welt der Psychiatrie. Eine Konstante bestätigt sich erneut: Er erzeugt unerträgliche Spannung bis zum Ende einer atemberaubenden Handlung.
Black River, 456 S., 22,90 €
La Croıx