Südwest-Experten: Wer war Lou Nouste Léon?

Von Thomas Longué – Archiv „Sud Ouest“ – Artikel ursprünglich veröffentlicht am 3. August 2012
SOMMERSERIE - (12/20) Léon Bérard, ein sehr begabter Politiker, aber ohne visionäres Genie, war wegen seiner markanten Nase die Traumbeute der Karikaturisten der Zwischenkriegszeit
Der in Sauveterre-de-Béarn geborene Jurist, Akademiker und Politiker Léon Bérard war mehrmals Minister für öffentliche Bildung, zunächst in den Kabinetten Clemenceau und dann Poincaré. 1921 führte er per Dekret die Lateinpflicht ab der sechsten Klasse ein.
Er wurde daraufhin heftig angegriffen und als Verteidiger der „bürgerlichen Kaste“ bekämpft, unter anderem von Georges Leygues aus Lot-et-Garonne. Er war ein liberaler, gemäßigter Katholik und Mitte-Rechts-Anhänger. Die enorme Kontroverse um die Lateinpflicht dauerte zwei Jahre und führte zu „einer der längsten Debatten, die jemals in der [Abgeordneten-]Kammer geführt wurden“, wie der Autor Pierre Arette-Lendresse berichtete.
Als Archetyp des Politikers der Dritten Republik, hochbegabt, aber ohne visionäres Genie, verdankt er seinen Spitznamen „Lou nouste Léon“ seinen Reden im Bearneser Dialekt. Zwischen den beiden Kriegen war er wegen seiner markanten Nase ein beliebtes Ziel für Karikaturisten.
SudOuest